Kaiser Konstantin berief die zerstrittenen Christen zum ersten ökumenischen Konzil
Das Jahr 2025 ist ein Jubiläumsjahr, ein Heiliges Jahr. Es ist auch der 1700. Jahrestag des Konzils von Nizäa, das Ende Mai 325 in der heutigen Kleinstadt Iznik in der Türkei eröffnet wurde. Dieses erste ökumenische Konzil der Geschichte bekräftigte die Göttlichkeit Christi, die durch die Lehre des Arius infrage gestellt wurde.
Die Christen haben nicht bis Nizäa im Jahr 325 gewartet, um sich zu versammeln. Schon die Bibel berichtet in der Apostelgeschichte vom «Konzil von Jerusalem», bei dem es um die Aufnahme von Konvertiten aus dem Heidentum ging. Ab dem 3. Jahrhundert sind die Namen mehrerer lokaler Konzile überliefert.
Eine zerrissene Kirche
Das Konzil von Nizäa wurde von Kaiser Konstantin gewollt. Der Kaiser, der nach seinem Sieg über Licinius Herr über den östlichen Teil des Reiches geworden war, fand bei seiner Ankunft im Osten eine Kirche vor, die durch den arianischen Streit zerrissen und durch die Frage nach dem Osterdatum gespalten war.
Die arianische Kontroverse erhielt ihren Namen von Arius, einem Priester aus Alexandria in Ägypten. Arius, der zu dieser Zeit schon älter war (er soll um 260 geboren worden sein), verband pastorale Erfahrungen mit theologischem Wissen. Er stützte sich auf wörtliche Zitate aus der Bibel und war der Meinung, dass der Sohn Gottes ein Geschöpf sei. Sein Standpunkt alarmierte viele Menschen, aber er hatte auch seine Anhänger. Wenn man zum Beispiel die Einheit zwischen dem Sohn und Gott, seinem Vater, zu sehr betonte, stand man einer ebenfalls problematischen Strömung nahe, dem Modalismus, der den Vater und den Sohn zu blossen Aspekten oder Modi der Gottheit machte.
Die Rolle des Kaisers
Konstantin berief die Bischöfe nach Nizäa am Askania-See in der Provinz Bithynien in Kleinasien. Die Stadt lag in der Nähe von Nikomedia, der damaligen kaiserlichen Hauptstadt. Es ist wichtig, die Rolle des Kaisers zu erwähnen. Dass ein Kaiser den Vorsitz eines Konzils führte, war umso erstaunlicher, als die Kirche gerade eine schreckliche Verfolgung hinter sich hatte. Mehrere Bischöfe, die zum Konzil gekommen waren, trugen die Spuren ihres Martyriums.
Einer apokryphen Überlieferung zufolge waren 318 Bischöfe in Nizäa, wie die 318 Knechte Abrahams (Gen 14,14). Sie stammten aus verschiedenen Teilen des Orients. Zu den wichtigsten gehörten Alexander von Alexandria, Eustathius von Antiochia und Makarios von Jerusalem. Der Westen war nur sehr schwach vertreten, so mit Ossius, Bischof von Córdoba in Spanien und Berater von Konstantin. Ausserdem waren Priester anwesend, darunter zwei Delegierte des Papstes, dazu Diakone und Laien, vielleicht sogar Heiden. Auch Arius befand sich unter den Teilnehmern.
Konstantin traf am 20. Mai 325 in Nizäa ein. Zunächst wurde eine für Arius günstige Glaubensformel vorgelegt. Nach einem Aufschrei der Versammlung legte Eusebius, Bischof von Cäsarea, das Glaubensbekenntnis seiner Kirche vor, demzufolge das Wort «Gott von Gott, Licht von Licht, Leben von Leben, (…) gezeugt aus dem Vater vor aller Zeit» ist. Dieses Glaubensbekenntnis diente als Diskussionsgrundlage. Die Debatten gingen «lange und langsam» voran. Mehrere Mitglieder der Versammlung waren Arius wohlgesinnt, aber da der Kaiser den Gegnern mit dem Exil drohte, lehnten am Ende nur zwei Bischöfe sowie Arius selbst die ausgearbeitete Glaubensformel ab.
Disziplinarische Entscheidungen
Im Glaubensbekenntnis von Nizäa gibt es mehrere Passagen, die sich der Haltung Arius‘ frontal entgegenstellen. Der Sohn Gottes wird als «einzig gezeugt vom Vater, das heisst aus der Substanz des Vaters» bezeichnet. Dann werden die Begriffe des Glaubensbekenntnisses von Cäsarea übernommen, mit der Präzisierung, dass der Sohn «gezeugt, nicht gemacht, wesensgleich mit dem Vater» ist, «homoousios» auf Griechisch. Am Ende werden einige Formulierungen von Arius entschieden verurteilt.
Das Wort «homoousios» ist nicht biblisch. Es wurde von den Theologen in Alexandria verwendet, stammte aber aus gnostischen Schriften. Es wurde sogar von einem lokalen Konzil in Antiochia verurteilt! «Homoousios» (gleichartig oder konsubstanziell) bedeutet mehr als «homoiousios» (ähnlich), ein Begriff, der von den Arianern verwendet wurde. Er bedeutet jedoch nur die Gleichheit in der Göttlichkeit, die dem Vater und dem Sohn gemeinsam ist, ohne die Art und Weise zu präzisieren, wie der Sohn mit dem Vater verbunden ist.
Das Konzil legte auch mehrere Disziplinarbestimmungen fest. Darin findet sich der Beginn einer um die Patriarchate herum gegliederten kirchlichen Organisation, ohne die Erwähnung von Konstantinopel, das damals unter dem Namen Byzanz lediglich eine Provinzstadt war. Das Konzil erinnert noch einmal an die Regel, während der Osterzeit in der Liturgie zu stehen, und beschliesst, das Datum von Ostern zu vereinheitlichen. Das Fest sollte auf einen Sonntag fallen und nicht dem jüdischen Kalender folgen. Konstantin fand es in der Tat unerträglich, von den Juden abhängig zu sein, um Ostern zu feiern. Der als verbindend gedachte Schritt zeugt also vom damaligen Antisemitismus.
Anhaltende Kontroversen
In dem Moment hatte fast jeder Arius verurteilt. Schon bald machten sich Risse bemerkbar. Eusebius, Bischof von Nikomedia, und Theognis von Nizäa zogen ihre Zustimmung zurück, und die Partei, die Arius unterstützte, wurde immer grösser. Im Jahr 336 wurde Arius selbst wieder zur eucharistischen Konzelebration zugelassen. Er starb am Tag zuvor. Es ist nicht ganz klar, warum der Arianismus zurückkehrte, verschiedene theologische Schulen hervorbrachte und die Gunst der Kaiser erregte. Man kann es auf höfische Intrigen zurückführen, aber auch auf einen Mangel an theologischer Klärung. Übrigens scheint das Konzil am Ende des Glaubensbekenntnisses von Nizäa in den Formeln, die Arius verurteilten, die göttliche Essenz mit den «Hypostasen» oder göttlichen Personen zu verwechseln. Die Kontroversen dauerten ein gutes halbes Jahrhundert. Der Arianismus verschwand erst im 7. Jahrhundert.
Jacques Rime, Mitglied MI
Credo von Nizäa-Konstantinopel
In der Messe kann auch das längere Glaubensbekenntnis von Nizaa-Konstantinopel gebetet werden. Nach der Erwähnung von Gott dem Vater, dem Schöpfer der sichtbaren und unsichtbaren Dinge, drehte sich im Jahr 325 fast das gesamte Glaubensbekenntnis von Nizäa um den Sohn Gottes. Der Heilige Geist wurde lediglich erwähnt. Im 4. Jahrhundert gab es eine theologische Strömung, die behauptete, dass der Heilige Geist nicht Gott sei. Im Jahr 381 verurteilte ein Konzil in Konstantinopel die «Pneumatomachen» (die Kämpfer gegen den Geist) scharf, und aus den Diskussionen ging ein Glaubensbekenntnis hervor.
Neben den Formeln des Konzils von Nizãa wurden weitere Passagen hinzugefügt, die insbesondere die Göttlichkeit des Heiligen Geistes betonten. Es ist schwierig, die genaue materielle Beziehung dieses Textes zu dem von Nizäa anzugeben. Ausserdem wäre das Glaubensbekenntnis von Konstantinopel im Gegensatz zu den Behauptungen nicht die ultimative Antwort des Konzils, sondern eine Diskussionsgrundlage. Text und Konzil gerieten in Vergessenheit, bis 451 am Konzil von Chalkedon wieder darüber gesprochen wurde. Es war dieses Konzil, das der sogenannten Glaubensformel von «Nizäa-Konstantinopel» Kraft und Autorität verlieh. Später fügten die Lateiner dem Glaubensbekenntnis hinzu, dass der Heilige Geist vom Vater und vom Sohn ausgeht (lateinisch «Filioque»), während der Sohn nach der griechischen Version nur vom Vater ausgeht.
Jacques Rime
Anlässlich des Jubilaums des Konzils von Nizaa findet am 1. Juni 2025, um 17 Uhr, im Berner Münster eine ökumenische Vesper statt. Mehr Infos: www.agck.ch
Dieser Beitrag ist erschienen im IM Magazin 2 / Frühling 2025